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Dyner: "Russland lässt die Muskeln spielen"

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 24.08.2016 15:01
  • Dyner: "Russland lässt die Muskeln spielen"
Im Umkreis von Leningrad und Psków endeten russische Manöver unter dem Codenamen "Zusammenarbeit".
Anna Maria Dyner Anna Maria Dyner polskieradio.pl

Im Umkreis von Leningrad und Psków endeten russische Manöver unter dem Codenamen "Zusammenarbeit". Es sind nicht die einzigen Manöver, die in den letzten Tagen in Russland stattfanden. Ein Gespräch mit Anna Maria Dyner, Analytikerin im Polnischen Institut für Internationale Angelegenheiten.

Adam de Nisau: Was ist die Idee hinter den Übungen unter dem Schlagwort "Zusammenarbeit"?

Anna Maria Dyner: In Wirklichkeit lautet das Motto "Zusammenwirken". Dieser Codename steht für regelmäßige Übungen der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit, noch genauer gesagt handelt es sich um schnelle Eingreiftruppen - genannt KSOR. Diese Übungen werden jedes Jahr durchgeführt und in diesem Jahr haben daran 6 Tausend Soldaten teilgenommen. Das sind 3-mal mehr als ein Jahr zuvor. Es waren die größten Manöver unter diesem Codenamen seit Anfang ihrer Existenz.

Was das Szenario anbetrifft, so waren zwei Ziele am wichtigsten. Eines war die Beteiligung von Soldaten in der Konfliktlösung in einer der Grenzregionen des Staates. Die zweite Aufgabe bestand darin Gruppen, die im westlichen Teil der strategischen Region als Terroristen identifiziert wurden, zu finden und zu beseitigen. Im Grunde genommen mag sich das zwar harmlos anhören, wenn man aber berücksichtigt, was sich in den letzten Jahren abgespielt hat, Spannungen in den Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland, das was Anfang August an der administrativen Trennlinie, die die Krim von der Ukraine trennt, passiert ist - dann wird deutlich, dass diese Übungen einen doppelten Sinn haben.

Offensichtlich sind diese Manöver ein Indiz dafür, dass sowohl Russland, deren Soldaten das Rückgrat der schnellen Reaktionskräfte bilden, und die anderen Staaten des Militärbündnisses sehr schnell in der Lage sind auf Bedrohungen dieser Art zu reagieren. Man darf nicht vergessen, dass diese Übungen im vergangenen Jahr in Tadschikistan stattfanden, das behauptet hat von verschiedenen militanten Gruppen sowohl des islamischen Staates wie auch den Taliban aus Afghanistan bedroht zu sein.
Dieses Jahr wurden die Übung im westlichen Militärbezirk durchgeführt und tragen in Wirklichkeit eine politische Botschaft. In diesem Jahr ist es eine politische Botschaft sowohl für die Ukraine wie auch die NATO-Staaten. Kurz gesagt, würde ich das so nennen: versucht nicht militärische Operationen gegen uns zu führen, denn wir sind bereit schnell und radikal zu antworten.

AdN: Es gibt aber auch eine andere Nachricht, nämlich dass Russland bereit ist zu reagieren und wenn es dazu kommt, wird es nicht nur Russlands Reaktion sein, denn der Kreml hat ja schließlich auch verbündete.

AD: Man sieht ohne Zweifel, dass die Russen versuchen andere Ländern für ihre Politik zu gewinnen; vor allem Mitgliedstaaten der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit.

Natürlich gibt es hierbei einige Dilemmas, beispielsweise, dass in diesen Übungen Soldaten aus Weißrussland teilnehmen. Außerdem haben am Dienstag, dem 23. August weitere militärische Manöver, diesmal unter dem Codenamen "unzerstörbare Bruderschaft" begonnen, hier handelt es sich um gemeinsame Manöver von Russland und Weißrussland.

Politisch versucht Weißrussland sich aber von Russlands Politik zu distanzieren, vor allem was die Politik Russlands gegenüber der Ukraine angeht. Russlands Aktionen sind darauf ausgerichtet nicht nur Verbündeten aber auch potentiellen Feinden zu zeigen, dass die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit keine leere Parole ist, sondern tatsächlich funktioniert und dass im Notfall schnelle Eingreiftruppen im Stande sind militärische Kräfte einzelner Mitgliedsstaaten zu unterstützen.

AdN: Sie haben weitere Manöver erwähnt, die in Kürze beginnen. Zur Zeit finden Übungen auf der Krim statt; aber auch im Fernen Osten Russlands. Das ist eine relativ hohe Dichte von Manövern zur gleichen Zeit..

AD: Das stimmt. Im August und September gibt es die besten Wetterbedingungen für solche Art von Militärübungen. Auf der Krim werden in der Tat russische Truppen verlegt oder in verschiedenen Teilen der Halbinsel konzentriert. Auch die Schwarzmeer -Flotte führt ihre ersten Übungen durch. Sie sind ein Teil der Vorbereitungen für die größten Manöver der russischen Streitkräfte in diesem Jahr, unter dem Codenamen "Kaukasus 2016". Diese Übungen finden auch regelmäßig statt und sie werden im südlichen Militärbezirk durchgeführt. Die meisten von ihnen finden auf dem Militärgelände im nördlichen Kaukasus statt. Der südliche Militärbezirk ist allerdings einer von zwei russischen Militärbezirken, die mit der Ukraine grenzen. In dieser Situation fühlt man auch eine leichte, wenn nicht sogar politisch sehr starke Botschaft.

AdN: Ist das ein Signal, oder mehr eine Demonstration?

AD: In bestimmter Hinsicht ist das der Fall. Wenn wir die letzten paar Wochen oder Monate berücksichtigen, darunter die Entscheidung Russlands drei weitere Divisionen in den westlichen und südlichen Militärbezirk zu verlegen, zwei weitere Brigaden zu mobilisieren - alle motorisiert oder gepanzert - dann wird man sich bewusst, dass die Russen zeigen, dass sie in der Lage sind sehr schnell zu reagieren.

Es ist auch eine Botschaft für die Ukraine, vor allem was die Situation in Donbas angeht, dass die Ukrainer besser nicht versuchen irgendwelche militärische Aktion zu unternehmen, weil das eine sehr schnelle Reaktion von Seiten Russlands hervorrufen würde und dass sogar noch viel schneller, als es im Jahr 2014 passiert ist, weil die Russen diesmal ihre Einheiten nicht aus den Tiefen ihres Territoriums verlegen müssen. Diesmal sind sie sofort vor Ort.

AdN: Wir haben verschiedene Gefechtsübungen erwähnt, darunter fehlen allerdings die letzten Manöver der Marine-Luftwaffe der Baltischen Flotte, die in Kaliningrad, nahe der polnischen Grenze, begonnen haben.

AD: Ja, die Baltische Flotte führt auch jede Menge Übungen durch. Übungen der Baltischen Flotte werden immer an unserer Grenze mit Russland stattfinden, aber wir dürfen nicht vergessen, dass es nicht die einzigen sind. Die Gefechtsübungen, die wir bereits erwähnt haben, also die im Rahmen der "unzerstörbaren Bruderschaft", werden in diesem Jahr auf dem Militärgelände Weißrusslands stattfinden, nahe der Grenze mit Polen und der Ukraine.

Dahinter steckt also auch eine klare politische Botschaft. Obwohl Weißrussland sich nicht in politische Aktivitäten von Russland engagiert, so ist das im militärischem Bereich genau umgekehrt. Und vor etwa einem Monat während des NATO-Gipfels, kündigte Präsident Lukaschenko wortwörtlich an, dass Weißrussland bereit ist sich zusammen mit Russland gegen NATO-Panzer zu stellen. Wie seltsam das auch politisch klingen mag, es ist ein Versuch sozusagen politische Manöver mit militärischen Manövern gleichzuschalten.

AdN: Das alles erweckt den Eindruck eines Dialogs mit dem Nordatlantischen Bündnis mit Hilfe von Manövern. Die NATO hat angekündigt und begonnen Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Ostflanke zu stärken. Russland antwortet mit eigenen Gefechtsübungen.

AD: Russland reagiert mit dem gleichen, auch wenn es nach dem selben Szenario aus den letzten zwei, drei Jahren verläuft. Ich erinnere mich an die Baltops-Übungen der NATO im vergangenen Jahr, nach deren Ende die russische Ostseeflotte buchstäblich ein oder zwei Wochen später Manöver durchgeführt hat. Dabei waren sowohl die Truppenstärke wie auch militärischen Mittel der Russen weitaus größer als die Ressourcen während der NATO Gefechtsübungen.

Und das ist wahrscheinlich eine Art, wie wir das nennen würden, die Muskeln spielen zu lassen, sich gegenseitig zu zeigen, dass man aufs Schlimmste bereit und stark ist. Was hierbei allerdings interessant ist, ist das alle militärischen Übungen, die in diesem Bereich stattfinden, in Übereinstimmung mit dem Wiener Dokument im Voraus angekündigt werden müssen; und in der Tat - die Russen machen das. Sie laden tatsächlich Beobachter ein. Genauso verläuft das mit den Manövern der NATO-Staaten.

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