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Das System hat Adamowiczs Mörder geschaffen

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 16.01.2019 09:05
Der Mord an Danzigs Bürgermeister Paweł Adamowicz zeigt, dass das Resozialisierungssystem in Polen reine Fiktion ist, meint das Blatt Rzeczpospolita.
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Rzeczpospolita: Das System hat Adamowiczs Mörder geschaffen

Der Mord an Danzigs Bürgermeister Paweł Adamowicz zeigt, dass das Resozialisierungssystem in Polen reine Fiktion sei, schreibt Tomasz Pietryga in der konservativen Rzeczpospolita nach der Tragödie, die sich am Sonntag in Gdańsk ereignet hat und noch immer für Schlagzeilen sorgt. Adamowiczs Mörder soll zuvor wegen Raubüberfällen zu über 5 Jahren Haft verurteilt worden sein. Das Gefängnis, so Pietryga, habe er allerdings nicht als "besserer Mann", sondern als Mörder verlassen und einige Wochen später einen unschuldigen Menschen des Lebens beraubt. Dies beweise den Mangel an effektiven Programmen in Polen, die Gefangene zurück in die Öffentlichkeit bringen sollen. Stattdessen solle der Kontakt mit anderen Gefangenen und die Isolation verehrende Folgen nach sich ziehen und Gefangene radikalisieren.

Die Tageszeitung beruft sich auf Daten zu diesem Phänomen und stellt fest, diese seien schockierend. Derzeit sollen sogar 40 Prozent von Straftätern, die aus der Haft entlassen werden, wegen Strafdelikten in ihre Gefängniszellen zurückkehren. Was Polen brauche, lautet das Fazit der Tageszeitung, sei eine Überprüfung des polnischen Resozialisierungssystems, um solchen Tragödien vorzubeugen, wobei man zu hundert Prozent niemals sicher sein könne, dass solche Vorfälle ein für alle Mal beseitigt werden.

Nowa Konfederacja: Nur die Ruhe kann uns retten

Eilige Entscheidungen, die auf der Welle der Empörung über den Angriff auf den Bürgermeister von Gdańsk (Danzig) getroffen werden, könnten Polen ihrer bürgerlichen Freiheiten berauben, schreibt indessen die Denkfabrik Nowa Konfederacja. "Eile ist ein schlechter Ratgeber", bemerkt Stefan Sękowski in seinem Kommentar. Die Überlegungen über das Attentat auf Paweł Adamowicz und seinen Tod werden bald vorüber sein und die polnische öffentliche Debatte werde auf ihre alten Gleise zurückkehren. Diese Tragödie werde verschiedene Gruppen von Polen sicherlich nicht versöhnen, lautet Sękowskis Prognose. Denn dies geschah weder nach der Smoleńsk-Katastrophe, noch nach dem Mord an einem PiS-Politiker.

Die Öffentlichkeit wird allerdings verlangen, dass Politiker "etwas tun" und es sei sehr wahrscheinlich, dass der Justiz- und der Innenminister höhere Strafen für bewaffnete Raubüberfälle vorschlagen werden, das das Presserechtsgesetz verschärft (der Täter verfügte über eine Presseakkreditierung) sowie Sicherheitsmaßnahmen bei Massenveranstaltungen verstärkt werden.

Sękowski könne sich jedoch vorstellen, dass solch schnell getroffenen Entscheidungen kontraproduktive Auswirkungen haben könnten. Wenn die Regierung einige systematische Schlussfolgerungen ziehen möchte, damit solche Vorfälle sich in Zukunft nicht wiederholen, lohne es sich, die letzten Tage kalt zu betrachten. Ähnliche Situationen seien in Polen extrem selten. Die Daten zur Wirksamkeit von Strafen, zum Strafvollzugssystem und zur Wirksamkeit der Sicherung von Massenveranstaltungen und Personen des öffentlichen Lebens sollten analysiert werden. Und nur dann sollte man konkrete Lösungen vorschlagen, rät Sękowski als Fazit seines Kommentars.

Piotr Siemiński

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