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CDU-Chefin setzt auf Hoffnung aus Polen

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 10.12.2018 11:00
Bartosz Wieliński von der linksliberalen Gazeta Wyborcza macht darauf aufmerksam, dass nach dem Machtwechsel in der CDU, mit Paul Ziemiak nun ein Pole die zweitmächtigste Person in der Partei ist. Ziemiaks Laufbahn und mehr Kommentare zum Machtwechsel in der Presseschau.

Dziennik/Gazeta Prawna: Brandneue Version der Kanzlerin

Die Ära Merkel geht zu Ende, aber zu einer AKK-Ära ist es noch ein weiter Weg, schreibt in ihrem Kommentar zum Machtwechsel in der CDU das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Die neue Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer, lesen wir im Blatt, übernehme eine Partei, der die Spaltung drohe. Mit der Wahl von AKK, wie die Politikerin in Deutschland genannt werde, zur CDU-Chefin, lesen wir, würden die Chancen wachsen, dass Merkel bis 2021 Kanzlerin bleibt. Viele hätten betont, dass im Falle eines Siegs von Friedrich Merz, der als deklarierter Gegner Merkels gelte, dieser schnell einen Weg finden würde, um den wichtigsten Posten in Deutschland zu übernehmen. AKK, so das Blatt, werde sicher eher eine gemeinsame Sprache mit Merkel finden. Schwierigkeiten werde es dafür zweifellos in den Gesprächen mit den Koalitionspartnern geben. In der großen Koalition würde es schon seit Monaten zu Spannungen zwischen Spitzenpolitikern der CDU, CSU und SPD kommen. Die Parteien der Regierungskoalition würden in den Umfragen systematisch verlieren. Zu einer Zuspitzung des Konflikts könnte es noch diese Woche kommen. Es sei auch nicht sicher, ob der CDU-Vorsitz für Kramp-Karrenbauer tatsächlich den Weg zum Kanzleramt ebne, so Dziennik/Gazeta Prawna.

Gazeta Polska Codziennie: Machtwechsel in der CDU

Ähnlicher Meinung ist auch die nationalkonservative Gazeta Polska Codziennie. Geht es nach dem Blatt, habe Kramp-Karrenbauer, falls sie denn Kanzlerambitionen habe, wenig Zeit für eventuelle Reformen in der Partei und die Rückgewinnung der Wähler. “Wenn die Wahlen 2018 - im Mai ins Europaparlament, im September in Sachsen und Brandenburg und im Oktober in Thüringen, nicht eine Trendwende in den Umfragen einläuten, wird ihre Kandidatur nicht sicher sein und die parteiinterne Wahlkampagne vor den Wahlen in den Bundestag wird aufs neue beginnen”, zitiert das Blatt dazu die Deutschland-Expertin des Politologie-Instituts der Polnischen Akademie der Wissenschaften, Anna Przybyll.

Gazeta Wyborcza: CDU-Chefin setzt auf Hoffnung aus Polen

Bartosz Wieliński von der linksliberalen Gazeta Wyborcza macht darauf aufmerksam, dass nach dem Machtwechsel in der CDU, mit Paul Ziemiak nun ein Pole die zweitmächtigste Person in der Partei ist. Der 33-jährige Ziemiak, so Wieliński, sei in der deutschen Politik eine Ausnahmeerscheinung. In weniger als 20 Jahren sei er von einem Mitglied der Jugendformation der CDU zum Parteisekretär aufgestiegen. Von dieser Position, erinnert Wieliński, sei Merkel einst auf den Kanzlerposten umgestiegen. Die Eltern Ziemiaks, lesen wir, seien 1988, frustriert von der grauen Realität der Volksrepublik, aus Szczecin nach Westdeutschland ausgewandert. Letztendlich hätten sie sich in Iserlohn in Nordrhein-Westfahlen angesiedelt.

Über Merkel, lesen wir weiter, könne man sagen, dass sie zu einem Viertel Polin sei, da ihr Großvater Pole gewesen sei. Ziemiak habe sogar seine polnische Staatsbürgerschaft behalten. Wie die meisten deutschen Politiker kommentiere er die aktuelle politische Situation in Polen nicht. Aber über seine Wurzeln spreche er offen. In Polen sei seine Geschichte erstmals bekannt geworden, als er für den Vorsitz der 117 Tausend Mitglieder zählenden Jungen Union kandidierte. “Ich”, habe er damals erzählt, “bin in einer völlig anderen Welt geboren. 1985 in Szczecin, in einem Land, in dem es keine Meinungsfreiheit gab, keine freien Wahlen, kein Recht auf die Entwicklung der eigenen Talente. Meine Eltern hatten viel Mut: ohne Geld, ohne sich mit jemandem zu verabschieden, mit zwei Koffern und drei Kindern sind sie nach Westdeutschland aufgebrochen. Am ersten Tag im Kindergarten habe ich kein Wort auf Deutsch verstanden”. 2017 sei er einer der jüngsten Bundestags-Abgeordneten geworden.

Doch Kramp-Karrenbauer, lesen wir weiter, habe nicht wegen seines Alters oder seiner Herkunft auf ihn gesetzt. Ziemiak, der zum konservativen Flügel der CDU gehöre, habe mit Gesundheitsminister Jens Spahn zusammengearbeitet. Und Spahn habe, neben dem ebenfalls konservativen Friedrich Merz und der liberaleren Kramp-Karrenbauer am Freitag um den Parteivorsitz gekämpft. Kramp-Karrenbauer werde zwar vermutlich weitgehend die Linie von Merkel fortsetzen, doch die von der Kanzlerin marginalisierten Konservativen, so Wieliński, könne sie nicht mehr ignorieren. Und daher auch der Aufstieg des 33-jährigen Politikers. Spahn bleibe in der Regierung. Und Ziemiak werde an der Seite von Kramp-Karrenbauer die Arbeiten der Partei leiten. Und in Zukunft werde einer der beiden - falls dieses Tandem funktioniert - die Chance haben, Kramp-Karrenbauers Nachfolge anzutreten. Wenn heute jemand als junge Hoffnung der CDU gelte, dann sei es der in Szczecin geborene Ziemiak, so Wieliński in der Gazeta Wyborcza.

Autor: Adam de Nisau


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