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Affäre um Finanzregulierung kommt in Schwung

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 15.11.2018 11:29
Neben der Korruptionsaffäre im Herzen des polnischen Wirtschaftskreislaufs, geht es in der heutigen Presse auch um weiße Flecken in der deutsch-polnischen Geschichte.

Gazeta Wyborcza: Affäre um Finanzregulierung kommt in Schwung

Der Grund: Wie die linksliberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza erinnert, hat der Chef der Finanzaufsichts-Kommission nach der Publikation der Zeitung über dessen Schmiergeld-Angebot an Unternehmer Leszek Czarnecki seinen Posten verloren. Die Affäre um den von der Regierungspartei nominierten Beamten, schreibt in ihrem Kommentar für das Blatt Publizistin Patryja Maciejewicz, habe das Vertrauen in das polnische Finanzsystem jedoch untergraben. Unregelmäßigkeiten, so die Autorin, seien normal, aber in einem gesunden Aufsichtssystem würden diese schnell aufgedeckt. Das polnische System sei jedoch derzeit stark politisiert. Welche Sicherheit könne man nun haben, dass etwa regierungsfreundliche Bankiere es nicht einfacher haben, Konkurrenten zu übernehmen? Die Stabilität des Finanzsystems, betont die Publizistin, sei ein Ei, um das sich, nach der neulichen Finanzkrise die ganze Welt sorgt. Und bei einem so funktionierenden Finanzsystem, wie das polnische, fühle sie persönlich sich jedoch nicht sicher, so Patrycja Maciejewicz im Kommentar für die Gazeta Wyborcza.

Rzeczpospolita: Zwei Probleme des Premierministers

Wie der Kommentator der konservativen Rzeczpospolita, Michał Szułdrzyński betont, stelle die aktuelle Affäre gar eine tödliche Gefahr für die Regierung dar und sei eine der größten Herausforderungen für Mateusz Morawiecki in seiner Rolle als Regierungschef.

Der Grund: Für die Recht und Gerechtigkeit, so Szułdrzyński, gebe es wohl keine größere Gefahr, als dass sie mit einer Korruptionsaffäre in Verbindung gebracht wird. Die größte Image-Krise der Regierungspartei, erinnert der Publizist, sei schließlich nicht mit der kontroversen Justizreform verbunden gewesen, sondern vielmehr mit der Information über die gigantischen Prämien, die Ministerpräsidentin Beata Szydło sich selbst und ihren Ministern zuerkannt hatte. Die PiS, lesen wir weiter, stütze ihre kontroversen politischen Entscheidungen auf dem einfachen Slogan: wir erfüllen unsere Versprechen, wir geben den Bürgern Geld und können härter durchgreifen, da wir unseren von Affären geplagten Vorgängern moralisch überlegen sind. Daher sei die Entscheidung über die Demission des Chefs der Finanzaufsichts-Kommission diesmal innerhalb weniger Stunden gefallen. Doch damit, betont Szułdrzyński, sei das Problem nicht gelöst. Davon, wie und in welchem Stil die Affäre aufgeklärt wird, werde abhängen, ob es der PiS gelingen werde, ihre Glaubwürdigkeit bei ihren Wählern zu erhalten. Ministerpräsident Morawiecki stehe aber gleichzeitig auch vor der Aufgabe, das Vertrauen ausländischer Investoren - von denen die Entwicklung der polnischen Wirtschaft abhänge - in das polnische Finanzsystem wiederzugewinnen. Diese würden jetzt zweifellos ein waches Auge darauf haben, welche Konsequenzen aus der Affäre gezogen werden und wie das Regulierungsorgan des Wirtschaftskreislaufs Polens in naher Zukunft funktionieren werde, so Michał Szułdrzyński in der Rzeczpospolita.

Rzeczpospolita: Nazi-Politik gegenüber Polen ist weißer Fleck in der Geschichte Deutschlands

Heute vergeht genau ein Jahr seit dem von Wissenschaftlern, Historikern, Politologen und Kirchenvertretern unterzeichneten Appell an den Bundestag und die deutsche Gesellschaft um die Unterstützung des Baus eines Denkmals, das an die polnischen Opfer der deutschen Besatzung in den Jahren 1939-1945 erinnert. Aus diesem Anlass veröffentlicht die Rzeczpospolita heute ein Interview mit dem Direktor des Deutschen Polen-Instituts in Darmstadt, Prof. Dieter Bingen. Geht es nach Bingen, bleibe die Politik von Nazi-Deutschland gegenüber Polen bis heute ein weißer Fleck in der deutschen Geschichte. Viel größer sei das Bewußtsein zur systematischen Ermordung polnischer und europäischer Juden. Aber der Mord an den Polen habe schon Anfang September 1939 begonnen. Es sei der erste Schritt zu einer systematischen Vernichtung polnischer Eliten und der Unterordnung der Zivilgesellschaft gewesen. In Deutschland, so Bingen, sei auch wenig bekannt, dass es das Ziel der Nazis war, die Existenz Polens und ihrer bis dahin 1.000-jährigen Anwesenheit auf den Landkarten der europäischen Zivilisation zu beenden.

Die Autoren des Appels wären daher glücklich, wenn in einem Jahr, zum 80. Jahrestag der deutschen Aggression auf Polen, die Abgeordneten bei einer Sondersitzung des Bundestags den Bau des Denkmals unterstützen würden. Interessant sei, dass die Initiative sowohl von liberalen, als auch konservativen Fraktionen unterstützt werde. Natürlich gebe es auch Skeptiker, die Forderungen anderer Länder nach eigenen Denkmälern befürchten. Vielleicht könnte das Denkmal aber das einzige Projekt der Geschichtspolitik werden, das die Deutschen und die Polen aus verschiedenen politischen Lagern vereint, so Dieter Bingen im Interview mit der Rzeczpospolita.

Autor: Adam de Nisau

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