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Europäisches Gestammel

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 27.07.2017 11:47
Hat sich der Vizechef der EU-Kommission Frans Timmermans mit seiner Empfehlung blamiert?
Foto: Pexels.com

RZECZPOSPOLITA: Quotenmechanismus „wirksam”

Von einer, aus polnischer Sicht ungünstigen Lage in Bezug auf die Migrationskrise und dem mit ihr zusammenhängenden Umverteilungsmechanismus, berichtet der Brüsseler Korrespondent der Tageszeitung Rzeczpospolita.

Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof hat sich dafür ausgesprochen, die Klagen der Slowakei und Ungarns gegen eine Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU abzuweisen. Den Quotenmechanismus bezeichnete er als „wirksam" und „verhältnismäßig". Der Generalanwalt unterstrich zugleich den Beitrag, den die Umverteilung zur Bewältigung der Krise leistet. Das eigentliche Urteil soll der Europäische Gerichtshof zwar erst im Frühherbst vorstellen, üblicherweise stehen die Entscheidungen der Richter aber im Einklang mit dem Gutachten des Generalanwalts, betont das Blatt.

Vor knapp zwei Jahren hatte die EU beschlossen, mehr als 100 Tausend Flüchtlinge aus Italien und Griechenland umzuverteilen. Die beiden Länder, in denen der Großteil der Flüchtlinge angekommen war, sollten von den anderen EU-Mitgliedern entlastet und unterstützt werden. Gegen den Beschluss hatten damals Rumänien, Tschechien, Ungarn und die Slowakei gestimmt. Die Regierungen in Budapest und Bratislava reichten daraufhin Klage ein. Auch die Regierung in Warschau spricht sich entschlossen gegen die Quoten und weigert sich konsequent vor der Aufnahme von Flüchtlingen.

GAZETA POLSKA CODZIENNIE: Europäisches Gestammel

Die Politik der Warschauer Regierung im Kontext der europäischen Beziehungen beschreibt auch die konservative Tageszeitung Gazeta Polska Codziennie. Wegen des geplanten Umbaus des Justizwesens droht die EU-Kommission der Regierung in Warschau mit der Einleitung eines Verfahrens zum Stimmrechtsentzug auf europäischer Ebene. Das teilte Vizechef der Kommission Frans Timmermans mit. Darüber hinaus kündigte er ein Vertragsverletzungsverfahren an, sobald das verabschiedete Gesetz zur Neuordnung der normalen Gerichte in Polen veröffentlicht werde. Die Kommission bekräftigte, sie habe „schwere Bedenken" gegen die geplante Justizreform.

Die polnische Seite soll in den kommenden 30 Tagen Stellung zu den ausgesprochenen Bedenken beziehen. Das Problem sei nur, dass die größte Gefahr Timmermans in einem Gesetzt sieht, dass wegen des Vetos des polnischen Präsidenten sowieso nicht in Kraft treten wird, schreibt der Publizist Jacek Liziniewicz. Dies zeige, dass sowohl Vizechef Timmermans als auch die gesamte Kommission den Kontakt mit der Realität verloren hätten, sagt die Abgeordnete der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) Jadwiga Wiśniewska im Gespräch mit dem Blatt.

Timmermans begrüßte zwar, dass Polens Präsident Andrzej Duda zwei Gesetze der Justizreform blockiert hat. Dazu gehört auch die Reform des Obersten Gerichtshofs. Dann sprach er aber so, als ob diese Gesetzte bereits eingeführt worden wären.

Frans Timmermans war zu seinem gestrigen Auftritt schlecht vorbereitet, urteil das Blatt. Dem Kommissionsvizevorsitzenden ist alles durcheinander geraten. Er verwechselte die einzelnen Gesetzesvorschläge, deren Legalität und Aktualität. Kurz und gut ein blamabler Auftritt - Gestammel statt Konferenz, urteilt Gazeta Polska Codziennie.

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Justizreform auch unter Kernwählern umstritten

Seit mehreren Monaten sorgt die geplante Justizreform für heftige Emotionen. Diese Emotionen beziehen sich auch auf die Befürworter der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit, deren Unterstützung für die Änderungen im Gerichtswesen nicht eindeutig ist, berichtet das Blatt Dziennik/Gazeta Prawna. Einer Meinungsumfrage die im Auftrag der Tageszeitung durchgeführt wurde, ist zu entnehmen, dass die Mehrheit der Polen die Mängel und Unzulänglichkeiten des Justizwesens sehe. Doch den Regierenden sei es nicht gelungen, die Polen von der potenziellen Wirksamkeit ihrer Reformen zu überzeugen.

Besonders interessant fallen in diesem Kontext die Meinungen der PiS-Wähler aus. Zwei Drittel gehen zwar davon aus, dass nach Einführung der neuen Gesetze, die Gerichte in Polen schneller und besser arbeiten würden. Schon ein Drittel sei sich dessen aber nicht sicher. Ein Großteil der Wähler der oppositionellen, aber PiS-nahen Gruppierung Kukiz’15 hat keine klare Meinung dazu. Die Anhänger der restlichen Oppositionsgruppierungen kritisieren die geplanten Änderungen.

Die Ergebnisse der Meinungsumfrage zeigten, dass der Präsident die Gefühle der Bürger richtig eingeschätzt und mit seinem doppelten Veto eine richtige Entscheidung getroffen habe, so das Blatt.

Jakub Kukla

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