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Sie wollen uns den Euro aufzwingen

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 23.05.2017 12:45
Das konservative Blatt GPC fragt: Wird Angela Merkel, die wichtigste Politikerin in Europa, Polen dazu zwingen, die Gemeinschaftswährung anzunehmen?

Gazeta Polska Codziennie: Sie wollen uns den Euro aufzwingen

"Sie wollen uns den Euro aufzwingen" - so der Aufmacher im konservativen Blatt Gazeta Polska Codziennie (GPC). Auf dem Titelbild Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem wahren Banknoten-Regen. Und im ersten Satz die Frage: "Wird Angela Merkel, die wichtigste Politikerin in Europa, uns dazu zwingen, die Gemeinschaftswährung anzunehmen?"

"Polen ist für die Europäische Kommission als großes, wirtschaftlich stabiles Land, ein besonders attraktiver Happen", kommentiert im Gespräch mit der Zeitung Marian Szołucha von der Warschauer Finanzhochschule Vistula. "Der Beitritt Polens zur Eurozone wäre eine willkommene Gelegenheit, die Kosten der aktuellen Krise auf mehr Staaten zu verteilen". Die Eurozone, meint der Experte weiter, sei vor allem ein politisches und nicht ein wirtschaftliches Projekt. So seien etwa alle wirtschaftlichen Statistiken für die ganze EU besser, als für die Eurozone und ein Beitritt lohne sich aus dieser Perspektive nicht. Geopolitisch gesehen indes spreche vieles für den Beitritt zur Eurozone. Nun gelte es, die Gewinne und Verluste in Ruhe abzuwägen, so Szołucha im Interview für Gazeta Polska Codziennie.

Gazeta Wyborcza: Union nur mit Euro

"Union nur mit Euro", titelt die linksliberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza und beschreibt den neuen Reformvorschlag der Europäischen Kommission, der alle EU-Staaten dazu verpflichten soll, die gemeinsame Währung bis 2025 einzuführen.

"Wenn Polen sich nicht in eine Pufferzone zwischen Russland und Europa verwandeln will, sollte das Land den Euro einführen", kommentiert im Gespräch mit Gazeta Wyborcza der ehemalige EU-Haushaltskommissar Janusz Lewandowski. Denn, wenn diese Reform durchgesetzt werde, werde man nicht mehr von einem Europa zweier Geschwindigkeiten sprechen können. Was dann bleibe, sei ein Europa der ersten Geschwindigkeit und Europas Peripherien, urteilt Lewandowski.

Heute befinden sich 19 der 27 EU-Mitgliedsstaaten in der Eurozone. Polen, Tschechien, Ungarn, Kroatien, Rumänien, Bulgarien, Schweden und Dänemark haben die Gemeinschaftswährung noch nicht eingeführt.

Polen habe sich beim EU-Beitritt zur Einführung der europäischen Währung verpflichtet. In der Praxis alles andere als eine einfache Aufgabe. Erstens erfordert der Beitritt zur Eurozone eine Änderung der Verfassung - laut der aktuellen dürfe nur die polnische Nationalbank die Monetär-Politik des Staates gestalten. Zudem seien laut einer aktuellen Umfrage 72 Prozent der erwachsenen Polen gegen die Einführung der Gemeinschaftswährung. Und mit ihnen auch die Regierung.

"Die Mitglieder der Eurozone haben ein viel niedrigeres Wirtschaftswachstum und enorme Schulden. Kurz gesagt, die Eurozone ist ein Club von Staaten mit vielen Problemen", betont im Interview mit Gazeta Wyborcza Regierungssprecher Rafał Bochenek. Und laut PiS-Chef Jarosław Kaczyński, erinnert die Zeitung, werde Polen der Eurozone erst beitreten können, wenn das Prokopfeinkommen hierzulande 85 Prozent des deutschen erreicht. Chancen darauf habe das Land in etwa 75 Jahren, lesen wir in der Gazeta Wyborcza.

Rzeczpospolita: PiS führt Öffentlichkeit in Flüchtlingsfrage in die Irre

Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) führt die öffentliche Meinung in Bezug auf Hilfe für die Opfer des Kriegs in Syrien in die Irre, schreibt auf ihrer Titelseite die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita. Und zählt die Bereiche auf, in denen das Kabinett Szydło der Gesellschaft die ganze Wahrheit vorenthält.

Die erste Unstimmigkeit, so die Zeitung, betreffe die Zahl der Flüchtlinge, die Polen aufnehmen müsste. In Regierungskommentaren sei wiederholt von den knapp 7.000 Flüchtlingen die Rede, zu deren Aufnahme sich die Vorgängerregierung PO-PSL verpflichtet hatte. In Wirklichkeit, unterstreicht die Rzeczpospolita, haben sich zur Relokation letztendlich dreimal weniger Flüchtlinge gemeldet, als ursprünglich geplant. Dadurch hätte jedes Land auch eine kleinere Last zu tragen, als die der es anfangs zugestimmt hatte.

Zweitens stimme es nicht, dass die Regierung PiS in Bezug auf Flüchtlinge keine Verpflichtungen eingegangen ist: Einen Monat nach Amtsübernahme, erinnert Rzeczpospolita, hatte das Kabinett Szydło die Aufnahme von 73 Personen aus Flüchtlingslagern in Griechenland und Italien bewilligt.

Drittens stimme es nicht, dass die Regierungen der EU-Mitgliedsländer keinen Einfluss darauf haben, wer die Grenzen ihres Landes überquert. So sehe das Übereinkommen der europäischen Spitzenpolitiker etwa die Möglichkeit vor, nur bestimmte Personengruppen aufzunehmen, wie etwa Mütter mit Kindern. Und natürlich könne jedes Mitgliedsland auch seine eigenen Sicherheitskontrollen vor der Einreise durchführen.

Fazit: Die Flüchtlingsfrage sorge für große Emotionen. Umso mehr verdiene es die öffentliche Meinung in Polen, in diesem Thema die ganze Wahrheit und nicht nur Halbwahrheiten zu erfahren, so Rzeczpospolita in ihrem heutigen Leitartikel.

Adam de Nisau

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