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Machtprobe zwischen Kaczyński und Macierewicz

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 13.04.2017 13:01
Der Fall Misiewicz ist zu einer Machtprobe zwischen PiS-Chef Jarosław Kaczyński und Verteidigungsminister Antoni Macierewicz geworden.
Minister Antoni MacierewiczMinister Antoni MacierewiczPAP/Radek Pietruszka

Manche sagen, dass er in die Geschichte des europäischen PR eingehen wird. Der Schützling von Verteidigungsminister Antoni Macierewicz ist auch heute wieder in aller Munde. Der Grund: Nachdem Anfang der Woche bekannt geworden war, dass Misiewicz, der inzwischen als Symbol von Vetternwirtschaft in der aktuellen Regierungsmannschaft gilt, erneut einen hochbezahlten Job im staatlichen Rüstungskonzern PGZ erhalten hat, ist PiS-Chef Jarosław Kaczyński der Geduldsfaden gerissen.

Nach dem medialen Wirbel um den neuen prestigevollen Posten des Vertrauten von Verteidigungsminister Antoni Macierewicz, hat PiS-Chef Jarosław Kaczyński Bartłomiej Misiewicz gestern in seinen Rechten als Parteimitglied suspendiert und interne Ermittlungen zum Karriereverlauf des 27-jährigen angeordnet. Auch der am Montag unterzeichnete Vertrag zwischen Misiewicz und PGZ ist gestern Abend fristlos gekündigt worden.

Rzeczpospolita: Machtprobe zwischen Kaczyński und Macierewicz

Der Fall Misiewicz ist zu einer Machtprobe zwischen PiS-Chef Jarosław Kaczyński und Verteidigungsminister Antoni Macierewicz geworden, schreibt in ihrem Kommentar für die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita die Publizistin Zuzanna Dąbrowska.

Die Entscheidungen des Verteidigungsministers zu Misiewicz könne man nicht anders als eine klassische Provokation bezeichnen: Die Zögerlichkeit von Macierewicz bei der Entlassung seines Günstlings aus dem Verteidigungsministerium, die fehlende Reaktion auf Appelle von Ministerpräsidentin Szydło sowie von Kaczyński - all das, so Dąbrowska, musste schließlich zu einer Reaktion von Seiten des PiS-Chefs führen. Nun hänge alles davon ab, ob Macierewicz einlenkt und sich dem Druck der Parteispitze beugt. Falls nicht, könnten die gestrigen Entscheidungen von Jarosław Kaczyński erst der Anfang eines langen Krieges sein, so Dąbrowska in der Rzeczpospolita.

Gazeta Wyborcza: Zu einflussreich, um toleriert zu werden

In einem ähnlichen Tenor der Kommentar von Roman Imielski in der linksliberalen Gazeta Wyborcza. Kaczyński, schreibt der Publizist, habe gemerkt, dass Macierewicz zu einflussreich geworden ist und daher schleunigst zur Ordnung gerufen werden müsse. Worauf beruht eigentlich die Macht des Verteidigungsministers, der sich als einer von wenigen traut, Kaczyński offen zu widersprechen?

Für die treuen PiS-Wähler, erinnert Imielski, sei Macierewicz durch sein Engagement in das Thema zum Gesicht des Kampfes um die sogenannte “Smoleńsk-Wahrheit” geworden. Zudem habe er sich durch seine Personalbesetzungen die Spezialeinheiten des Militärs unterordnet, ebenso wie einige wichtige staatliche Unternehmen, wie etwa den Rüstungskonzern PGZ. Er habe auch begonnen, mit dem Programm der territorialen Verteidigung eine eigene private Armee zu bauen und habe sich zu einem politischen Star in den Medien des einflussreichen Redemptoristen-Paters Tadeusz Rydzyk gemausert.

So jemand, konkludiert Imielski, konnte einfach nicht länger vom PiS-Chef toleriert werden. Und der Casus Misiewicz sei nur ein willkommener Anlass, um das Problem anzugehen.

Dziennik/Gazeta Prawna: Macierewicz muss gehen

Auch in Dziennik/Gazeta Prawna ist Verteidigungsminister Antoni Macierewicz an prominenter Stelle vertreten. Gefolgt von dem Gesundheits- und dem Außenminister - diesen Ressortchefs trauen die wenigsten Polen über den Weg. Das geht aus einer aktuellen Umfrage hervor, die die Tageszeitung in Auftrag gegeben hat.

Mit 42 Prozent, die sich für seine Abberufung aussprechen, hat Verteidigungsminister in der Umfrage die meisten Negativpunkte erhalten – sowohl unter allen Befragten, als auch unter den Wählern der regierenden Recht und Gerechtigkeit (PiS).

Am besten bewerten die Befragten die Arbeit von Familienministerin Elżbieta Rafalska, Justizminister Zbigniew Ziobro sowie Vizepremier Mateusz Morawiecki. Die Arbeit der Ministerpräsidentin bewerten insgesamt 50 Prozent der Befragten als negativ, 28 Prozent als positiv.

Im November 2016 lag das Verhältnis noch bei 45 Prozent negativ zu 35 Prozent positiv. Die Umfrage, erklärt das Blatt, sei noch vergangene Woche in Auftrag gegeben worden, als sich die Hinweise auf eine mögliche Rekonstruktion der Regierung mehrten. In der Regierungspartei überwiege zwar die Meinung, dass es besser wäre mit dem Umbau auf September zu warten. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass die neuesten Ereignisse um Misiewicz die Rekonstruktion beschleunigen, so Dziennik/Gazeta Prawna.

Rzeczpospolita: Revolution im Gerichtswesen

Weiteres wichtiges Thema ist die von Justizminister Zbigniew Ziobro angestoßene Revolution im Gerichtswesen. Obwohl das entsprechende Gesetzesprojekt im Justizministerium vorbereitet worden ist, sei es im Parlament als Abgeordnetenprojekt eingereicht worden, beobachtet die konservative Rzeczpospolita.

Der Grund? Zeit. Abgeordnetenprojekte, erklärt das Blatt, müssen im Gegensatz zu Regierungsentwürfen nicht konsultiert werden.

Die Revolution, lesen wir weiter, soll schon ab dem 1. Juli 2017 in Kraft treten. Dank der Änderungen, werde Minister Ziobro bis Ende 2017 jeden Gerichtsvorsitzenden und Vize-Vorsitzenden austauschen können. Und das, ohne Gründe für seine Entscheidung zu nennen. Anstelle der abberufenen unbequemen Vorsitzenden, werde Ziobro “seine eigenen” ernennen können. Die Vorschriften werden leicht dazu genutzt werden können, ungehorsamen Richtern das Rückgrat zu brechen, prognostiziert die Rzeczpospolita.

Adam de Nisau

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