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Verteidigungsminister beschuldigt Donald Tusk des Verrats

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 22.03.2017 12:41
Dieses Thema behandeln heute alle polnischen Zeitungen ausführlich.

Verteidigungsminister Antoni Macierewicz beschuldigt den früheren polnischen Premier und amtierenden EU-Ratspräsidenten Donald Tusk des „diplomatischen Verrats“. Dieses Thema behandeln heute alle polnischen Zeitungen ausführlich.

Macierewicz habe bereits die Staatanwaltschaft über seine Vorwürfe informiert, lesen wir in der linksliberalen Gazeta Wyborcza. Als Premier habe Donald Tusk im Zusammenhang mit der Flugzeugkatastrophe von Smoleńsk eine illegale bilaterale Abmachung mit Wladimir Putin getroffen und in vollem Bewusstsein Polen und seinen Bürgern geschadet, so Verteidigungsminister Macierewicz zu seinem Vorwurf des „diplomatischen Verrats“.

Für die Gazeta Wyborcza ist die neueste Aktion der PiS-Regierung gegen ihren Erzfeind Donald Tusk eindeutig ein politisch und persönlich motivierter Racheakt. Die angebliche Verantwortung Tusks für die Katastrophe von Smoleńsk, die zahlreichen Wahlsiege über die PiS-Partei, schließlich die Wiederwahl Tusks zum Präsidenten des Europäischen Rates gegen den eindeutigen Widerstand der polnischen Regierung – dies alles könne die PiS-Partei Tusk nicht verzeihen, so die Gazeta Wyborcza.

Ähnlich wird das Thema in der konservativen Rzeczpospolita bewertet. Natürlich müsse man verantwortliche Politiker für Fehler im Zusammenhang mit dem Unglücksflug von Smoleńsk und dessen Aufklärung zur Verantwortung ziehen. Aber der Vorwurf, der frühere Premier habe bewussten Verrat begangen, ziele darauf ab, Donald Tusk aus der Politik und dem öffentlichen Leben zu eliminieren.

Nach der Niederlage der polnischen Diplomatie in Brüssel wolle die PiS-Partei ihren Wählern zeigen, welche angeblichen Verfehlungen Tusk auf dem Konto habe. „Verrat“ sei dabei einer der schwersten Vorwürfe, derer man sich bedienen könne.

Die Zeitung Dziennik Gazeta Prawna analysiert den Vorwurf von seiner rechtlichen Seite. Die Chancen, dass die Staatsanwaltschaft Tusk tatsächlich anklagen könnte, seien minimal. Es müsse eindeutig bewiesen werden, dass der frühere Premier Polen mit Absicht schaden wollte, was besonders nach so einer langen Zeit praktisch unmöglich sei. Auch würden die Paragraphen des Strafgesetzbuchs, auf die sich die Staatsanwaltschaft und Verteidigungsminister Macierewicz berufen, hauptsächlich für das diplomatische Corps und nicht für Regierungsmitglieder gelten, so ein von der Zeitung zitierter Experte.

Rzeczpospolita: Fiskus erhält Einblick in Firmenkonten

Die Regierung verschärft ihren Kampf gegen Mehrwertsteuer-Betrug, schreibt die Rzeczpospolita heute auf ihrer Titelseite. Banken werden künftig verpflichtet sein, Firmenkonten auf Wunsch von Finanzbeamten für bis zu 72 Stunden zu sperren. Es reiche der Verdacht, dass das betreffende Unternehmen Mehrwertsteuer hinterzieht. Die Banken sollen zudem Daten über alle Firmenkonten regelmäßig in ein zentrales IT-System überspielen. Das sehe das aktuelle Gesetzesprojekt des Finanzministeriums vor. Die Daten würden analysiert und u.a. auf Mehrwertsteuerbetrug hin untersucht, die Ergebnisse an das Finanzministerium weitergeleitet.

Diese und andere kürzlich erfolgte Änderungen erlauben es dem Fiskus, sehr viele Informationen über die Steuerzahler zu sammeln, lesen wir im Kommentar der Redakteurin Ewa Usowicz. Das aktuelle Projekt erlaube dem Staat praktisch uneingeschränkten Einblick in die Konten von Unternehmen. Die neuen Gesetze seien gegen Betrüger gerichtet, ehrliche Unternehmen müssten nichts befürchten, beruhigt das Finanzministerium. Doch die Firmen haben Angst, schreibt Usowicz in der Rzeczpospolita. Nicht, weil sie Steuern hinterziehen, sondern weil sie sich an zahlreiche Fälle von unbegründeten Beschuldigungen und Prozessen gegen Unternehmen erinnern können.

Gazeta Wyborcza: Infrastrukturprojekt bedroht die letzten wilden Flüsse Europas

Oder, Warthe, Weichsel und Bug – was haben diese polnischen Flüsse gemeinsam? Es handelt sich bei ihnen um einige der letzten wilden Flüsse Europas, die ganz oder größtenteils unreguliert in ihrem natürlichen Becken fließen. Ein geplantes Infrastrukturprogramm bedrohe diese Naturschätze, alarmiert heute die Gazeta Wyborcza.

Die Regierung wolle, dass die polnischen Flüsse Teil des europäischen Binnentransportnetzes werden. Die Pläne für die Jahre 2016-2030 würden die Regulierung der Flüsse an zahlreichen Stellen vorsehen. Heute gebe es in Polen praktisch keine Binnenschifffahrt, so Präsident Andrzej Duda bei der Unterzeichnung eines entsprechenden europäischen Vertrages. Dieser sei billiger und ökologischer als der Transport über Straßen.

Naturschützer schlagen jedoch Alarm: das Projekt werde die polnischen Flüsse zerstören. Diese seien viel zu klein und zu seicht – deswegen werde man sie umgraben müssen. Das Projekt sei keineswegs ökologisch, so wie es angepriesen werde. In Westeuropa seien die Flüsse schon vor langer Zeit reguliert und ihre natürliche Umgebung beraubt worden. Das drohe nun auch in Polen. Bedroht seien zahlreiche Gebiete, die zum europäischen Netz von Schutzgebieten „Natura 2000“ gehören, so die Gazeta Wyborcza.

Filip Żuchowski

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