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Türkische „Verräter“ an der Weichsel?

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 24.02.2017 12:38
Ankara fordert, dass Warschau Mitglieder der sogenannten Gülen-Bewegung ausweist und deren Bildungseinrichtungen schließt.
Foto: Pexels.com

Rzeczpospolita: Türkische „Verräter“ an der Weichsel?

Monate nach dem fehlgeschlagenen Putsch in der Türkei geht Präsident Erdogan immer noch massenhaft gegen echte und vermeintliche Umstürzler und Gegner seiner Regierung vor. Das Thema erreicht jetzt auch Polen, wie die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita berichtet.

Ankara fordere, dass Warschau Mitglieder der sogenannten Gülen-Bewegung ausweise und deren Bildungseinrichtungen schließe. Diese Erwartung habe der türkische Minister für europäische Angelegenheiten, Omer Celik, bei seinem Besuch in Warschau gegenüber der Zeitung geäußert.

Der Prediger und ehemalige Weggefährte von Präsident Erdogan wird von der türkischen Regierung beschuldigt, hinter dem Putschversuch im letzten Jahr zu stehen.

Das polnische Außenministerium bestätigt, dass der türkische Minister das Thema der Gülen-Schulen bei seinem Treffen mit Außenminister Witold Waszczykowski angesprochen habe. Allerdings habe es keine direkte Forderung nach der Schließung von Schulen oder der Ausweisung von Personen gegeben, zitiert die Rzeczpospolita das Außenministerium.

GPC: Oberstes Gericht vermeidet das Thema „polnische Konzentrationslager“

Das Oberste Gericht in Polen wird sich nicht mit der Verwendung des Begriffes „polnische Konzentrationslager“ in deutschen Medien befassen. Diese Entscheidung wird heute vom konservativen Blatt Gazeta Polska Codziennie kritisiert.

Der Antrag an das Oberste Gericht war vom Anwalt des Enkels eines polnischen KZ-Häftlings eingereicht worden. Stein des Anstoßes sei ein Artikel aus der Zeitung „Die Welt“ von 2008, in dem vom, so wörtlich, „ehemaligem polnischen Konzentrationslager Majdanek“ die Rede gewesen sei.

Im vergangenen Jahr hatte ein polnisches Gericht zwar bestätigt, dass die Verwendung des Begriffs „polnische Konzentrationslager“ rechtwidrig sei, gleichzeitig aber einen Antrag auf Entschädigungszahlung und eine offizielle Entschuldigung des Axel Springer Verlages in den größten polnischen Zeitungen zurückgewiesen. Der Fall ging daraufhin an das Oberste Gericht. Dieses habe jedoch entschieden, dass es sich nicht mit dem Fall befassen werde. Der Anwalt des Klägers kritisiert die Entscheidung, so die Zeitung Gazeta Polska Codziennie.

Gazeta Wyborcza: Die Unabhängigkeit der Richter wird ausgehebelt

Justizminister Zbigniew Ziobro greift die Unabhängigkeit der polnischen Justiz an, warnt heute die linksliberale Gazeta Wyborcza. Ein Gesetzesprojekt aus dem Justizministerium nehme sich den sogenannten „Landesrat für das Gerichtswesen“, kurz KRS, vor. Beim KRS liegt unter anderem das alleinige Recht, über die Nominierungen und Beförderungen von Richtern zu entscheiden. Laut polnischer Verfassung wacht der Rat über die Unabhängigkeit der Gerichte und Richter. Das Gesetzesprojekt aus dem Justizministerium sehe vor, dass 30 Tage nach Inkrafttreten der komplette Rat ausgetauscht wird. Die neuen Mitglieder des Rates sollen dann nicht wie bisher von Richterversammlungen, sondern vom Parlament gewählt werden – und dort hat die regierende PiS-Partei eine komfortable Mehrheit.

Experten bezeichnen den Gesetzesentwurf als verfassungswidrig – er hebe die Gewaltenteilung auf, schreibt Gazeta Wyborcza. Darüber hinaus sei die Aufhebung der Kadenz eines Verfassungsorgans ein beispielloser Vorgang. Mache dieser Schule, so sei in Zukunft kein Verfassungsorgan mehr sicher – vom Ombudsmann für Bürgerrechte bis hin zum Staatspräsidenten.

Doch damit enden die kontroversen Vorschläge nicht. Justizminister Ziobro wolle auch, dass der Rat sich künftig aus zwei Kammern zusammensetzt. Eine würde sich aus Richtern zusammensetzen, die zweite aus Politikern. Für die Ernennung eines Richters wäre die Zustimmung beider Kammern erforderlich. Somit könne die Regierung die Nominierung eines für sie unbequemen Richters jederzeit blockieren, lesen wir in der Gazeta Wyborcza.

Filip Żuchowski

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