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Berlin darf nicht an der Sicherheit sparen

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 20.02.2017 13:42
Für Unbehagen sorgen nach der Konferenz in München die Vorbehalte deutscher Politiker gegen höhere Ausgaben für die Verteidigung.
nato.int

Dziennik/Gazeta Prawna: Chaos trotz Versicherungen

Die Konferenz ist vorbei, die Zweifel bleiben, schreibt in der heutigen Ausgabe Dziennik/Gazeta Prawna. Trump habe fast zeitgleich drei seiner wichtigsten Kabinettsmitglieder nach Europa geschickt. Vize-Präsident Mike Pence und Verteidigungssekretär James Mattis haben an der alljährlichen Sicherheitskonferenz teilgenommen, Staatssekretär Rex Tillerson am Treffen der Außenminister der G-20 in Bonn. Wichtigstes Ziel: den schlechten Eindruck, den die abschätzigen Kommentare Trumps zur NATO hinterlassen haben, in Vergessenheit geraten zu lassen. Auf der deklarativen Ebene, so Dziennik, sei dies vielleicht gelungen. Doch längst nicht alle seien von den Auftritten der Amerikaner überzeugt gewesen. Der Grund: Fast alles, was die US-Vertreter gesagt hätten, stünde im Widerspruch mit dem, was man bisher von Trump hören konnte.

Eine Erklärung für diese Dissonanz könnte sein, dass die bisherigen Drohungen nur für die Wahlkampagne bestimmt gewesen seien. Genauso könnte es aber auch sein, dass Trumps Team einfach über keine einheitliche außenpolitische Vision verfügt. Immer häufiger höre man, dass die Administration des neuen US-Präsidenten aus mindestens zwei sich gegenseitig bekämpfenden Lagern besteht. Wenn dies stimme, so Dziennik, sei das zweifellos irritierend für alle Mitglieder von Trumps Regierung, aber auch gefährlich für Europa. Denn es freue natürlich, dass Pence, Mattis und Tillerson die bisherigen Garantien der USA in München bestätigt haben. Gleichzeitig bleibe offen, ob und inwieweit ihre Meinungen und Entscheidungen verbindlich seien, so Dziennik/Gazeta Prawna.

Gazeta Polska Codziennie/Rzeczpospolita: Berlin darf nicht an der Sicherheit sparen

Für Unbehagen unter den polnischen Publizisten sorgen nach der Konferenz auch die Vorbehalte deutscher Politiker gegen höhere Ausgaben für die Verteidigung.

Die Gazeta Polska Codziennie macht in der heutigen Ausgabe auf den Auftritt von Außenminister Sigmar Gabriel aufmerksam, in dem dieser die deutschen Auflagen für Flüchtlinge ins Gespräch bringt. Ausgaben für Immigration, so Gazeta Polska Codziennie, können jedoch in keiner weise als Ausgaben für die Verteidigung gelten. Zumal, so das Blatt, 1,5 Millionen Flüchtlinge auf persönliche Einladung von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Deutschland eingereist seien.

Auch laut dem Kommentator der Rzeczpospolita, Professor Marek Cichocki stelle die jahrelange Abrüstungstendenz in Westeuropa ein ernstzunehmendes Risiko für die ganze Gemeinschaft dar. Spätestens seit der russischen Aggression auf Georgien 2008, so Cichocki, sei klar, dass Europa in Verteidigungsfragen sozusagen schwarz fährt: Die EU-Politiker hoffen einerseits darauf, dass Amerika ihnen die Lösung internationaler Konflikte abnimmt. Andererseits kritisieren sie dasselbe Amerika für Imperialismus. Aber, so der Autor weiter, heute seien die Sicherheitsrisiken so groß geworden, dass weiteres Sparen im Verteidigungsbereich beginnt an Selbstmordtendenzen zu erinnern. Oder an simplen Zynismus, der sich an der Hoffnung nährt, dass sich der Aggressor im Ernstfall jemanden anders vornimmt. Kollektive, solidarische Verteidigung, so Cichocki, sehe anders aus.

Trumps Forderungen an seine Verbündeten seien daher berechtigt, falls der Pakt nicht veraltet und nutzlos werden soll. Deutschland könne die USA im kollektiven Verteidigungssystem zwar nicht ersetzen. Aber es könne ein wichtiges Element dieses Systems werden, wie es etwa schon jetzt durch die Präsenz deutscher Soldaten in Litauen der Fall sei. Vor allem könne Deutschland, als reichster Staat des Kontinents aber nicht länger an der eigenen Sicherheit und der, der ganzen NATO sparen, so Cichocki in der Rzeczpospolita.

Adam de Nisau

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